Körperlich herausgeforderte Komik
Der Standard 05/1995
„Well, this joke didn’t translate well either, did it ?“ Mehr belustigt als zerknirscht muss der australische Stand-Up-Comedian Steady Eddie die eine oder andere seiner Pointen ob der unerwartet mangelhaften Publikums-Resonanz selbstkritisch kommentieren. Doch dass weder die „Thunderbirds“, noch „Vegemite“ hierzulande assoziationsträchtige und somit witzfähige Begriffe sind, hätte ihm ja auch vor seinem ersten Auftritt in Mitteleuropa freundlicherweise jemand sagen können.
Also beschränkt sich der Spaß auf die transkontinentale Ebene der Behindertenwitze, die – vom slowly but steady Spastiker Eddie selbstironisch und nur fallweise leicht vorwurfsvoll in das mit verkrümmter Hand umklammerte Mikrophon vorgetragen – eine bis dato unerhörte, skurrile Qualität erreichen. Er darf sich über das Sexleben Körperbehinderter lustig machen: „My idea of safe sex is wearing a crash helmet“. Er darf das Fehlen barrierefreier Notausgänge und das Problem von Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem Rollstuhl durch den bitteren Kakao ziehen und „I’m still standing“ zur Hymne der Special Olympics ausrufen. Spätestens jetzt hat er mit Verve jeden Mitleidsbonus verspielt und humpelt mutig auf dem Terrain freihändiger Komik. Und das, wohlgemerkt, ohne einem völlig berechtigten Zynismus oder gerechten Zorn zu verfallen. Er hat die Narrenfreiheit der körperlichen Unfreiheit, die ihm zu diesem Zweck das weite Feld von Karikatur bis zur üblicherweise verpönten Diffamierung eröffnet.
Eigentlich hätte er ja der erste „Spastronaut“ werden wollen, aber es hat nur zum Tanzlehrer von Michael Jackson und Joe Cocker gereicht. In Wirklichkeit ist er in Australien eine Unterhaltungsgröße, die mit ihren regelmäßigen TV-Auftritten ganz nebenbei mehr für die emotionale Integration Behinderter tut, als jede Sozialkampagne.
Seit seinem USA-Gastspiel weiß er allerdings, dass er überhaupt nicht behindert ist, sondern nur „physically challenged“ – körperlich herausgefordert, wie es politically correct dort jetzt heißt. Keiner hat diese Herausforderung so angenommen wie Steady Eddie: Ein Komiker, der seine Behinderung zum humoristischen Standbein macht. Ein Unikum. Und jeder Vergleich hinkt mehr, als er selbst.
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