Sex, Overkill und Seelenheil
Der Standard 01/1995
Die Galle ist ein Überlaufgefäß. Und sie ist das Auffangbecken jener Traufe, in der sich die im Regen stehen Gelassene unversehens und regungslos wiederfindet, wenn sie verzweifelt versucht, ihr Leben analysierend vor selbigem zu flüchten. Das ist nicht einmal mehr ein Teufelskreis, sondern nur noch jener tote Punkt, auf den Gunda Hofmann den pointierten Ein-Frauen-Einakter „S.O.S.“ vom Berliner Autor Uwe Wilhelm im Konzerthaus-Theater immer wieder energisch bringt. Zwar fehlt ihrer Darstellung der ewig Wartenden, von Mann und Leben Enttäuschten jene Vielschichtigkeit, die ihre notorische Passivität trotz der extrem handlungsbedürftigen Situation erklärbar werden ließe, doch vermag der bemerkenswert intelligent-witzige Text – nicht zuletzt durch die Inszenierung von Ex-Menubel Eva Dité – die Spannung bis zum bitteren Ende aufrecht zu erhalten. Denn „S.O.S.“ ist keineswegs nur eine vordergründige Männer-Verurteilung: Dass die schlecht sind, wird als bekannt vorausgesetzt. Die Frauen aber sind jene, die ihnen – willfährig, harmlos und höchstens hinterrücks goschert – ihre Schlechtigkeiten erst ermöglichen. „Ich sag‘ ihnen, was für mich der richtige Mann ist: Einer der bis morgens um vier bumst – und sich dann in eine Pizza verwandelt !“ Schön wär’s, aber das spielt’s halt leider nicht. Also bleibt sie – beseelt einzig und allein vom Galgenhumor – in der Traufe liegen. That’s life?
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