Plötzlich politisch?
Thomas Maurer und Florian Scheuba sind “Zwei echte Österreicher”.
profil 02/2000
Hätte man Thomas Maurer vor 10 Jahren prophezeit, daß er dereinst im Duo mit Florian Scheuba ein Kabarett-Programm auf die Bühne bringen würde, wäre sein hysterisches Hohngelächter wohl bis heute nicht verhallt. Ausgerechnet er, der scharfzüngige Satiriker, solle mit einem Kommerz-Kasperl aus den Reihen der “Hektiker” gemeinsame Sache machen ? “Es gibt kaum etwas unangenehmeres,” räumt er rückblickend ein, “als von einem geliebten und langjährig gepflegten Vorurteil Abschied zu nehmen. Aber manchmal muß das halt sein.”
Den Meinungsumschwung bewirkte ihre zufällig zustande gekommene, intensive Zusammenarbeit an der ORF-Comedy-Show “Die kranken Schwestern” : “Da hat sich zunehmend herausgestellt, daß unsere gemeinsame Wellenlänge recht tragfähig ist”, erinnert sich Scheuba. Ausschlaggebend für die Erarbeitung ihres – bereits seit Längerem im Raum stehenden – ersten Duetts war aber schlußendlich weniger der Umstand, daß sie eine Leidenschaft “für gute Weine und die Lektüre der Kronenzeitung” teilen, als das Wahlergebnis vom 3. Oktober : “Da haben wir uns gesagt : Wenn, dann jetzt.”
Die Premiere von “Zwei echte Österreicher” (Regie: Rupert Henning) fällt nun in eine Zeit, in der immer öfter der Ruf nach einem neuen politischen Kabarett zu vernehmen ist. Zumeist allerdings von Menschen, so Maurer, “die früher einmal politisches Kabarett gemacht haben und mit ihrem Rückzug den Eindruck gewonnen haben, das sei jetzt aus. Und von Redakteuren, die das letzte Mal im Kabarett waren, als diese Generation noch aktiv war.” Sonst wäre ihnen nämlich nicht entgangen, daß gerade Thomas Maurer und Florian Scheuba in ihren Veröffentlichungen seit Jahren an politischer Deutlichkeit nur wenig zu wünschen übrig lassen. Und das auf durchaus intelligente, zeitgemäße Art : “Ich singe sicher kein Couplet über den Finanzminister, und darüber, daß er nur unser Geld will”, grenzt sich Maurer von jenem abgestandenen Beigeschmack ab, der dem Begriff des “politischen Kabaretts” hartnäckig anhaftet, “so etwas halte ich ästhetisch für einigermaßen erledigt.”
Einen weiteren Grund dafür, daß es kein heimischer Kabarettist in letzter Zeit besonders darauf angelegt hat, mit dem Etikett “politisch” geschmückt zu werden, formulierte unlängst der deutsche Kabarettist Matthias Deutschmann : “Wahrscheinlich geht in Österreich die Angst um, von der Krone als Nachfolger von Werner Schneyder ausgerufen zu werden.”
Das Programm “Zwei echte Österreicher” war für seine Schöpfer daher vor allem “die artistische Herausforderung, ein deutlich tagespolitisch orientierteres Kabarett zu machen, das uns selbst auch gefällt” (Maurer) und, “Drehs zu finden, warum das auf einer Bühne stattfindet und nicht in einem Leitartikel steht. Wir haben 90 Minuten Zeit, ein differenziertes Bild der Lage zu entwerfen – und diesen Luxus wollen wir nutzen” (Scheuba).
Den künstlerischen Protest-Varianten des Auswanderns oder des Boykotts – wie nach den Gemeinderatswahlen in Kärnten vorübergehend von Kabarett-Kollege Andreas Vitásek praktiziert – können Scheuba und Maurer nichts abgewinnen. “Es ist zwar kein schöner Anblick, wenn Herr Schüssel jeden Tag aus dem Fernseher lächelt, aber wir kämen deshalb sicher nicht auf die Idee, nach Hannover auszuwandern.” Und das, obwohl ihnen die derzeitige Situation und die Ambivalenz der vielzitierten Repolitisierung gelegentlich gehörig gegen den Strich geht : “Wir wollen jetzt nicht plötzlich Peter-Turrini-Stücke für künstlerisch wichtig halten müssen, nach Belgien auf Ski-Urlaub fahren müssen – und wir wollen auch nicht darüber betroffen sein müssen, wenn Fendrich sagt, er wandert aus”, erklärt Scheuba – und Maurer ergänzt : “Eigentlich wollen wir uns da von Herzen freuen. Allein, daß der Haider dem im Weg steht, spricht schon gegen diesen Mann, und ist eine unmittelbare Beeinträchtigung meiner Lebensqualität.”
Thomas Maurer und Florian Scheuba: “Zwei echte Österreicher”
21.2. – 2.3., Vindobona, 20., Wallensteinplatz 6
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