Bundeskasperlamt
kabarett.at 04/2007
Alfred Gusenbauer ist ein Marionettenkanzler von Schüssels Gnaden, der ohne es zu merken einen sozialistischen Grundpfeiler nach dem anderen verscherbelt – und sich keinen Zentimeter mehr um seine Wahlversprechen schert. Mit einer einzigen Ausnahme: „Mein größtes Wahlversprechen war“, erinnert er sich selbstgefällig, „dass ich Kanzler werde.“ Und das hat er zu seiner eigenen Überraschung gehalten.
Zwar nervt es ihn schon, dass er sich sein Kanzler-Büro mit Wolfgang Schüssel teilen muss, aber das ist eben der Preis für das Amt des Regierungsoberhaupts. Solang ihm „Dorli“ Bures Kaffee bringt und auf Zuruf das Liedchen „Happy Kanzler to you“ anstimmt, ist die Welt für ihn Ordnung. Auch für den Exkanzler, der Gusenbauer ja ohnedies nur als befristeten und beschränkten Zwischenmieter sieht – und zum willfährigen Büttel der ÖVP umfunktioniert.
Verzweifelt und vergeblich versucht sich indes der Schleimspur-Finanzminister Wilhelm Molterer sinen Parteigranden als „größte Zukunftshoffnung der ÖVP“ aufzudrängen. In weiteren lächerlichen Rollen dieses Regierungs-Kasperltheaters: ein sich ungewählt und wahllos anbiedernder Grasser, ein von Wein und Wichtigkeit beseelt polternder Häupl und zwei ausländische Staatsgäste, an denen Gusenbauer sein diplomatisches Ungeschick erproben darf. Und dann gibt es noch den einen oder anderen gelungenen Überraschungsgast.
In kurzen, gewitzten Szenen zeichnet das Trio „maschek“ ein bitterböses, satirisches Sittenbild der Zustände und Verhältnisse im Bundeskanzleramt. Und mal ganz abgesehen davon, dass das Prinzip, politische Oberhäupter zu Kasperln zu machen (Konzept & Regie stammen vom Rabenhof-Prinzipal Thomas Gratzer) ja ohnedies ein unverwüstlich amüsantes ist, stimmt bei „Beim Gusenbauer“ – vor allem im Vergleich zum seinerzeitigen Erstlingswerk „Bei Schüssels“ – fast alles. Von der detailreich pointierten und sorgfältig gestalteten Inneneinrichtung des Kanzlerbüros (Gerhard Haderer) über die bereits bestens bewährten Puppen selbst (AnaMaria Heigl) und das mit originellen Einfällen gespickte Hochleistungs-Puppenspiel (Thomas Ettl, Markus Siebert) bis hin zu Text und Dramaturgie.
Letzteres war früher der schmerzliche Schwachpunkt des maschek’schen Kasperltheaters. Kaum zu glauben, dass es wirklich der gleiche Autor ist (Peter Hörmannseder), der in „Bei Schüssels“ noch verzweifelt Kalauer in die Dialoge hineingepresst hatte, um ihnen Amüsanz zu entlocken, der diesem Abend nun mit satirischem Witz und bösem Spott eine besondere Qualität verleiht. Der Kurzweil überaus zuträglich ist auch die Idee, lieber viele knappe, prägnante Szenen aneinanderzureihen, statt endlose Akte zu flechten. Wenn sich die Koalition nur halb so gut entwickelt, wie das Kasperltheater im Rabenhof, steht uns eine glanzvolle Amtszeit bevor.
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