Hinter Plastikbusen und Rauschebart
Ab kommenden Donnerstag herrscht im Amt für Weihnachtsdekoration wieder Parteienverkehr. Acht neue Folgen von “MA 2412” lang haben Weber (Alfred Dorfer) und Breitfuss (Roland Düringer) wieder alle Hände voll zu tun, möglichst wenige Finger rühren zu müssen.Tatkräftig zur Seite stehen ihnen dabei wie gewohnt die formvollendete “Sekretärin der Nation” Frau Knackal (Monica Weinzettl) und der zauberhafte Weihnachtsmann Claus (Karl-Ferdinand Kratzl) – die heimlichen Helden in den Vor- und Hinterzimmern des “Amtshauses am Rande der Stadt”.
tele / 24. Jänner 2001
“Wenn doch nur alles im Leben so leicht wäre”, seufzt Monica Weinzettl belustigt, wenn sie auf ihre Wahl zum erotischsten TV-Star Österreichs angesprochen wird: “Eine blonde Perücke, ein großer Plastikbusen und dazu eine etwas dümmliche Piepsstimme – schon bist du für die Männerwelt erotisch.” Denn das einzige, was die Knackal mit Monica Weinzettl wirklich verbindet, sind die Beine: “Die sind echt”, gesteht sie, “aber ansonsten haben wir zwei nicht viel gemeinsam.” Dabei kennen sie einander schon viel länger, als nur die drei Jahre, die es “MA 2412” inzwischen gibt. Bereits bei der Premiere des der TV-Sitcom zugrundeliegenden Bühnenstücks “Mahlzeit” im Jahr 1992 verkörperte sie an der Seite von Dorfer und Düringer sehr überzeugend das Leitmotiv testosteron-geschwängerter Vorgesetzten-Phantasien. Eigentlich müsste “die Knackal” ja all jene beschämen, die sich in ihren sexistischen Wunschträumen ertappt fühlen, doch gegen die Macht der niederen männlichen Instinkte ist offensichtlich noch kein Kraut der kritischen Selbsterkenntnis gewachsen.
Von Glück reden kann Monica Weinzettl, dass sie dank ihrer alles andere als blond-blöden Naturerscheinung nicht allzu oft von vermeintlich lustigen Mitmenschen auf der Strasse mit “Frau Knackal” angesprochen wird. “Als Knackal bekannt geworden zu sein”, schätzt sie ihre derzeitige Situation ein, “ist aber zweifellos das geringere Übel”. Schließlich verdankt sie es vor allem ihrer TV-Popularität, dass das wichtigste ihrer zahlreichen beruflichen Standbeine derzeit auf Hochtouren läuft : ihr umfassendes Fitnessprojekt “WorkAut”. Das gleichnamige Video ist bereits im Handel, ein Buch folgt in Kürze und auf der Internet-Seite www.workaut.at können sich Interessierte ihren ganz individuellen Trainings- und Ernährungsplan erstellen lassen, “um endlich den Körper zu bekommen, in dem sie sich wohlfühlen”.
Von der “Amtsblondine der Nation” zur “Fitness-Tante der Nation” ? “Nein, ich habe sicher keine Lust, die neue Ilse Puck zu werden”, schränkt die ehemalige Teilnehmerin an Mountainbike-Weltcuprennen ihre diesbezüglichen Ambitionen ein, “aber ich bin mir sicher, dass die meisten Österreicher etwas für ihre Fitness tun wollen. Sie wissen nur nicht genau, wie. Und da möchte ich Abhilfe schaffen.”
Damit ihr Leben aber ja nicht zu einseitig wird, dreht sie im Juni zusammen mit ihrem Amtshausfreund Obersenatsrat Wolfgang Böck – in dessen zweiter Fernseh-Funktion als Kommissar von Kaisermühlen – eine neue Episode der Krimi-Reihe “Trautmann”. Und wenn sich jemand findet, der für sie ein adäquates Soloprogramm schreibt, hätte sie auch nichts gegen eine Rückkehr auf die Kleinkunst-Bühnen.
Ganz anders verhält es sich bei Karl-Ferdinand Kratzl: Er, der als rauschebärtiger Weihnachtsmann “Claus” den mysteriösen, guten Geist des verlotterten Amts verkörpert, plant zur Zeit seinen Abschied vom “Kabarettismus”. Unter anderem, weil er – nach dem für Juni angekündigten Rückzug von I Stangl als Chef des Wiener “Kabarett Niedermair” – seine künstlerische Heimstatt zu verlieren droht. Für den Autor, Poeten und Schauspieler Kratzl der richtige Moment, um einen Schlussstrich unter jene Jahre zu ziehen, in denen er seine Kleinkunstwerke mit dem Etikett “Kabarett” verkaufen musste. Völlig zurecht, aber erfolglos hatte er sich zu Beginn seiner Karriere gegen die Kategorisierung als “Kabarettist” gewehrt. Der unerbittliche Markt zwang ihn in jene Schublade, in der Pointen, Spass und langanhaltendes Lachen die Richtung vor- und lauthals den Ton angaben. Ein Umfeld, in dem ein Kratzl nichts verloren hat. “Immer, wenn es droht, lustig zu werden, schlafe ich ein”, formulierte er einst sein Verhältnis zum handelsüblichen Humor.
Kratzl ist – wenn überhaupt – ein Surrealsatiriker der ganz leisen, subtilen Untertöne : ein poetischer Artist und skurril-komischer Querdenker, in seinen Texten immer hautnah, authentisch und berührend. “Das nächste Stück besteht nur aus Dialogen”, gewährt der erstaunliche Eigenbrötler Einblick in seine derzeitige Kreativität, “das nenne ich dann halt wieder Theater.”
Seine schauspielerischen Qualitäten hat er in den letzten Jahren in zahlreichen Filmen unter Beweis gestellt : u.a. in Alfred Dorfers “Wanted” und Roland Düringers “Hinterholz 8”. Zur Zeit steht er für einen weiteren Film von Harald Sicheritz, jenem vielbeschäftigten Regisseur auch aller “MA-2412”-Folgen und der “Trautmann”-Krimis, vor der Kamera : “Zwölfeläuten” – nach dem Bühnenstück von H.R. Unger – wird noch heuer am Nationalfeiertag ausgestrahlt.
Wer aber diese Ausnahmeerscheinung im Kleinkunst-Zirkus leibhaftig erleben möchte, muss sich sputen : Nur noch bis Ende des Monats spielt er sein Best-of-Programm “Gefundenes Fressen” jeweils donnerstags im “Kabarett Niedermair”. Alle zu weit westlich Wohnhaften können sich mit seinem von der Kritik gebührend gelobten Buch “Au! Schau : Himmel, Jö!” trösten.
Und was treiben indes Breitfuss und Weber? Alfred Dorfer versucht mit einer ausgedehnten Tournee durch ganz Österreich das Publikums-Interesse an seinem aktuellen Programm “heim.at” zu befriedigen und Roland Düringer hebt am 10. April in der Wiener “Kulisse” sein neues Soloprogramm “250ccm – die Viertelliterklasse” aus der Taufe. Kein Wunder, dass sie sich im Amt ausruhen müssen. (pb)
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