Im Abstrudel
Mein Name ist O. Lendl – und „O“ steht für ErfOlg!
kabarett.at 11/2008
Adolf Hitler singt im Führerbunker seinen letzten Getreuen zur Erbauung das schöne Kinderlied „Der Kuckuck und der Esel“ vor. Keine Frage : Das ist saukomisch ! Aus unerfindlichen Gründen. Und es ist eine kurze, simple Szene, die O. Lendl vermutlich vor die Frage gestellt hat : Wie bau ich diesen Quatsch dramaturgisch auch nur halbwegs vernünftig in ein Programm ein ? Am besten mittels Esoterik. Ein paar flotte Rückführungen in frühere Leben – und schon entpuppt sich O. Lendl mühelos als singender Führer. Dass er mit dem zu diesem Zweck bemühten Besuch einer „Esoterik-Messe“ auch noch den letzten Rest des dramaturgischen Gesamtzusammenhangs seines neuen Solos „Geld macht glücklich“ über Bord wirft, darf ihm zu diesem späten Zeitpunkt des Programms bereits egal sein.
Zumal man als Zuschauer selbst bereits die eine oder andere Rückführung erlebt hat. Es muss so ungefähr vor 20 Jahren gewesen sein, dass I Stangl in einem seiner Solo-Programme Mitmenschen ihre Berufe tauschen ließ : Der Schauspieler arbeitete als Zahnarzt, der Pornohändler als Wurstverkäufer usw. Und plötzlich ist der gleiche Spaß wieder da : Bei O.Lendl arbeitet der Porno-Darsteller als Stationsansager der Wiener Linien, der McDonalds-Mitarbeiter als Chirurg usw. In Anbetracht der Mitarbeit von I Stangl an diesem Programm vermutlich kein ganz zufälliges Déja-Vu.
Doch zurück zum Start : O. Lendl spielt in „Geld macht glücklich“ (Regie : Andi Peichl) einen dieser selbstherrlichen Erfolgs- und Lebensfreude-Seminar-Fuzzis, die ihrer zumeist horrende Summen zahlenden Zuhörerschaft mit penetranten Posen und wichtigtuerischen Worthülsen das Blaue vom Himmel herunterversprechen. So eine Figur mal kräftig durch den Kakao zu ziehen, war schon längst fällig. Ihre üblichen Accessoires wie Flipchart und Teleskopstab werden von Lendl zu völlig sinnlosen Insignien degradiert und die euphorisierenden Musik-Jingles erschallen konsequent deplatziert.
Zur Illustration seines energischen Vortrags über den richtigen Weg zu Glück und Geld präsentiert Lendl immer wieder – gewissermaßen in Gestalt live performter Videozuspielungen – menschliche Fallbeispiele für hausgemachtes Unglück und Steinzeit-Szenen zur Untermauerung seiner evolutionären Beweisführung. Ein Highlight : Die mit Geräuschen und Gesprächen vorvertonte Dokumentation eines ganz normalen, unglückseligen Arbeitsalltags, die Lendl in Stummfilm-Slapstick-Manier auf die Bühne bringt.
Mit Themenbereichen wie „Richtiger Umgang mit Drogen“ oder „Macht Sport glücklich ?“ gelingt es ihm anfänglich noch so halbwegs, all seine kuriosen und gewohnt körperkomisch dargebrachten Einfälle im Programm unterzubringen, ohne das dramaturgische Korsett allzu sehr zu strapazieren. Aber spätestens, wenn der Seminarleiter berichtet, dass er als Zweitjob eine One-Man-Videothek ist, von der man sich höchstpersönlich die Klassiker der Filmgeschichte vorspielen lassen kann, sind wir mitten in einem Lendl’schen Nummernprogramm, bei der die Rahmenhandlung in Wahrheit nur noch stört. Sogar zunehmend anstrengt.
Sein letztes Programm „Auf gute Nachbarschaft“ war unter anderem deshalb eines seiner besten, weil er darin – in aller Natürlichkeit – zwischen den Spielszenen immer wieder ganz er selbst war. Entspannt und normal. Dessen bedürfen seine Programme unbedingt. Wo sind nur die feinen Nuancen hin? Je länger „Geld macht glücklich“ dauert, umso oberflächlicher und witzloser hampelt sich Lendl durch seine Sketche. Eine sich immer mehr abstrudelnde Beliebigkeit, die seinem Können und seiner Komik einfach nicht gerecht wird.
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