Die Kabaretter kommen
„Glück ist so wie Pech. Nur das Gegenteil.“
kabarett.at 11/2007
„Guten Abend bei 14 Jahren Nachwuchskabarett !“ Mit dieser mit Tragikomik, Selbstironie und Medienkritik prall gefüllten Begrüßungsfloskel geben Lainer und Linhart das Motto des Abends vor: „Also wenn das kein Grund zum Feiern ist.“
Ganz besonders für ihre Besucher im „Theater am Alsergrund“. Die haben nämlich die spezielle Ehre, an der exklusiven Backstage-Party teilnehmen zu dürfen. Während sich die Reichen und Schönen, Politiker und Prominente, Würdenträger und Wichtigtuer im eigentlichen Haupt-Theatersaal am üppigen Büffet bedienen, kommen die nicht ganz so gut angezogenen Backstage-Gäste in den Genuss, Lainer und Linhart privat erleben zu dürfen. Hier proben sie ihre Festtags-Reden und Tanzeinlagen für später, erinnern sich in unangestrengten Dialogen an Highlights und Tiefpunkte ihres gemeinsamen beruflichen Schaffens und etliche kuriose Nebenerwerbsquellen am Lebenswegesrand.
Klingt unspektakulär – und ist es auch. So wie immer bei Lainer und Linhart. Also hervorragend unspektakulär. Unmerklich gleiten ihre authentischen Erzählungen immer wieder ins Surreale ab, finden wieder auf den Boden der Realität zurück, nur um sich von dort noch einmal in den Nonsens abzustoßen. Dazwischen geht es u.a. um Lainers Kreuzschrauben-Phobie, Linharts erste große Liebe (zur Firma „adidas“) und ihren Lehrauftrag an der Kabarett-Akademie für das Fach BDS („Bewusst deppert schauen“).
Ganz zu schweigen von ihrem offensichtlich recht einträglichen neuen Nebenberuf als Telefonseelsorger für Not leidende Kabarettisten. Für 69 € pro Anruf leihen sie den gestressten Topstars der Kabarettszene ihre Ohren – und geben bei Bedarf gute Tipps für Karriere, Körper und Geist. Eine feine Idee. Zu diesem Zweck haben sie sich nämlich ganz offensichtlich der reflexivsten und offenherzigsten Passagen aus diversen Interviews mit Hader, Poier und Düringer bedient: Herrlich selbstverliebte und allwissend anmutende Ausschnitte, die zusammen mit den eher teilnahmslosen Fragen der beiden Hobbytherapeuten geradezu exemplarisches Pseudo-Psychologen-Gesprächs-Gewäsch ergeben.
Der gern als Durchbruch bezeichnete Karrieresprung wird Lainer & Linhart natürlich auch mit „Feiern“ (Regie: John F. Kutil) nicht gelingen. Dazu arbeiten sie viel zu hartnäckig an ihrem unprätentiösen Auftreten. Wobei die Rollenverteilung ja fast ein wenig unfair ist: Günther Lainer braucht nicht viel mehr, als über die Bühne zu gehen und einmal ins Publikum zu schauen, um alle Sympathien und Lacher auf seiner Seite zu haben. Ein Naturkomiker. Manfred Linhart muss sich da schon weit mehr ins Zeug legen, um seine Scherzchen ins Trockne zu bringen.
Zusammen gelingt ihnen jedenfalls die ideale Mischung aus nachbarschaftlicher Laien-Attitüde und hochprofessioneller Kabarett-Kunst: Dramaturgisch geschickt, inhaltlich gewitzt, gelegentlich göttlich deppert – und nie tief. Originelle Unterhaltung ohne künstliche Gag-Dichte. Die Kurse in Wuchtl-Controlling und Pointen-Consulting an der Kabarett-Akademie dürften sie gespritzt haben. Die besten Voraussetzungen für die nächsten 14 Jahre Nachwuchs-Kabarett !
0 comments on Die Kabaretter kommen