Like a raging cow
Der Standard 01/1995
„I’m a poor lonesome cow“ verkürzt Irene S. den Leitspruch ihres Idols Lucky Luke um jenes ent- und unterscheidende männliche Appendix, gegen das sie in gleichnamigem Programm in bewährt ulkig-schamloser Art zu Felde zieht. In Wild-West-Manier – teils mit der Brachialgewalt einer blindwütigen Pistolera, teils mit der Weis-heit einer reservatierten Medizinfrau – stampft sie sporen-scheppernd durch die Pflugscharen des Emanzipations-Ackers, denn „wo gehobelt wird, fliegen Spenisse.“
Ihr leichtfüßig und unablässig auf den Fersen ist das virtuose 1. Grazer Damen-Saloon-Orchester, bestehend aus Heidrun Walter (Akkordeon) und Edith Zimmermann (Geige, Klarinette und Flöte). Mittels musikalischer Zitate und Anleihen sorgen sie für markante Akzente und – in ihrer Diskrepanz zu der eruptiven Komik der like a raging cow wuchtelnden Calamity Jane des Kabaretts – wohltuend dezente Pointen.
Irene S. aber rechnet ab: Mit Frauenhändlern und Tourismus-Managern, denen sie ein fulminantes „Alpen-Alternativ-Western-Mini-Musical“ widmet – und die Verantwortung für die drohende Umbenennung von Andreas Hofer in Andreas Aldi anhängt. Während „Schlurf“ und „Egon“, zwei Beziehungsleichen, pointiert Prügel beziehen dürfen, muß sich hingegen der Kinderschänder „Onkel Franz“ als einziger eine derartig penetrant betroffenheitsheischende Vernichtung gefallen lassen, daß sich die unbegründbare Vermutung aufdrängt, sexuel-ler Mißbrauch sei thematisch die letzte heilige Kuh, vor der die Satire haltzumachen habe.
Jenem Teil der holden Weiblichkeit schließlich, den Irene S. nicht mit dem mitleidigen Attribut „Gesellschaftsdame“ abkanzelt, verordnet sie, quasi, einen „I Kuh?“-Test: Eine Selbst-Überprüfung auf stumpfe Wiederkäuertätigkeit und klaglose Produktivität. Fazit: „Even cowgirls get the blues“.
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