„I wea eana jetzt wos ausrichten …“
Der Standard 02/2001
„Damals war es ja schon so, dass viele Leute sogar mit ihren Kindern in meine Programme gekommen sind, weil es bei mir offenbar eine so nette Unterhaltung mit vielen lustigen Nummern gab“, erinnert sich Erwin Steinhauer mit leichtem Schaudern an die Gründe für sein freiwilliges Ausscheiden aus der Kabarett-Szene im Jahr 1992, „das Dazwischen und das Drumherum hat man halt irgendwie in Kauf genommen. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr. Es wird spröder, verwirrender – und es hat mehr mit mir zu tun. Das ist durchaus als Warnung zu verstehen.“
Die Rede ist von „Ausrichten“, jenem neuen Programm, mit dem sich der Mitbegründer der oft als Keimzelle der heutigen Kabarettszene bezeichneten Gruppe „Keif“ (1974 – 1978, u.a. mit Lukas Resetarits) und langjährige erfolgreiche „Solist mit Pianist“ nun nach neunjähriger Kabarett-Abstinenz zurückmeldet. Gute Gründe für sein „Comeback“ hat er viele. Vor allem sei es „eine Art Akt der Notwehr“, eine „unter den Nägeln brennende“ Reaktion auf die veränderte politische Lage, der er hofft, zumindest in einem Punkt Gutes abgewinnen zu können: „Ich glaube, dass der Grad der Sensibilität und der Hellhörigkeit beim Publikum heute höher ist.“
Entscheidend zu seiner Motivation beigetragen hat auch der Umstand, dass „Ausrichten“ von Anfang an nicht als Soloprogramm geplant war : Auf die Zusammenarbeit mit dem vielseitigen Autor, Schauspieler und Regisseur Rupert Henning freut er sich bereits, seit er mit ihm 1997 im Einakter „610, Bedford Drive“ (Michaela Ronzoni) zusammen auf der Bühne der „Drachengasse“ stand.
Der Text für „Ausrichten“ entsteht zur Zeit in enger Kooperation mit einem Autoren-Team, dessen langjährige Eingespieltheit – bei der Erarbeitung diverser Theaterstücke, Kabarettprogramme, Comedy-Shows und TV-Drehbücher – schon fast inzestiöse Züge trägt : Florian Scheuba, Thomas Maurer und Uli Brée. Von den Steinhauer-Autoren von „damals“ ist nur noch Fritz Schindlecker mit von der Partie.
Konkretes über den zu erwartenden Inhalt von „Ausrichten“ ist Steinhauer und Henning nur wenig zu entlocken. „Ein Punkt, der sicherlich eine Rolle spielen wird, ist die angebliche Repolitisierung seit der Wende. Und die Frage : Hat es diese Wende überhaupt gegeben ? Und eine Abkehr von der Beliebigkeit der 90er ?“ Gerade das politische Kabarett laboriere an einer zunehmend gefährlichen Zweischneidigkeit : Bei dem von ihm inszenierten Maurer/Scheuba-Programm „Zwei echte Österreicher“, erzählt Henning, habe er immer wieder erleben müssen, dass ausgerechnet jene Passage, in der Scheuba als Haider „rechte Witze“ reisst, besondere Heiterkeit ausgelöst habe: „Diese Lacher von der falschen Seite sind ein Punkt, der uns wahnsinnig interessiert.“
Hoch an der Zeit, dass sich das Kabarett mit seinem aufgrund des raschen Wachstums deutlich inhomogener gewordenen Publikum näher auseinandersetzt. Denn, wo sich Steinhauer „höhere Sensibilität“ erhofft, befürchtet Henning eher zunehmende Indifferenz : „Es gibt so etwas, wie einen gesellschaftlichen Konsens, dass man ins Kabarett geht. Die Frage, wer da was und wozu auf der Bühne macht, stellt sich im Publikum überhaupt nicht. Hauptsache, mir san dabei.“
Eine Entwicklung, deren Ursachen auch auf Seiten der Künstler zu suchen sei, denn die in den 90ern höchst erfolgreiche „Privatisierung“ des Kabaretts sei bisweilen nur ein vornehmer Vorwand gewesen, um sich nicht auf einer Bühne deklarieren zu müssen.
Nicht umsonst haben Erwin Steinhauer und Rupert Henning ihr Programm „Ausrichten“ genannt. Henning : „Das kann man zwar auch in der klassischen, negativen österreichischen Bedeutung verstehen, aber es heißt auch „Dinge geraderichten“ und „Dingen eine andere Richtung geben“. Oder auch dem Publikum etwas ausrichten, was man ihm bislang so noch nicht gesagt hat.“ Steinhauer : „Nach dem Motto : I wea eana jetzt wos ausrichten – oba i wea damit woascheinlich nix ausrichten.“ (pb)
- „Ausrichten“, Erwin Steinhauer & Rupert Henning, 1.3. bis 28.4. im „Konzerthaus“, 3., Lothringerstr. 20, Kartenvorverkauf unter 712 12 11.
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