Ehe-Apokalypse
Der Standard 10/1998
Betty und Kuno feiern ihren 15. Hochzeitstag – und sie schenken einander nichts: Eine Leiche nach der anderen verlässt den Keller und zertritt das mühsam über die Scheiterhäufen am gemeinsamen Lebenswegesrand gewachsene Gras. In Rückblenden belichtet Andrea Händler in ihrem neuen Solo „Auszeit“ (Co-Autor und Regisseur: Uli Brée) die Chronologie einer kleinfamiliären Katastrophe. Von der voreiligen Hochzeit über die Geburt eines zwangsläufig missratenen Balgs bis zur langfristigen Tiefzeit seelisch grausamer Lieb-, Sprach- und Respektlosig-keiten. Bis dass der Tod sie scheide. Oder doch bis in alle Ewigkeit? Ein geschickt gewähltes Thema: denn zu Partnerschafts-Problemen haben wohl noch mehr Österreicher eine persönliche Beziehung, als zur Errichtung eines Eigenheims.
„Auszeit“ ist eine kalauer- und abwechslungsreiche Realsatire mit etlichen überzeugenden Charakter-Karikaturen, ein paar schwungvollen Liedern (Musik: Christian Clementa) und gelegentlichen, auflockernden Abstechern ins Skurrile und Blödsinnige. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn mehr bedarf es ja auch gar nicht, um die humoristischen Bedürfnisse des „Kaisermühlen“-Klientels bestens zu befriedigen: Wiedererkennungswert mit Witz – ein bewährtes Rezept, von Händler & Brée funktionell und formvollendet umgesetzt.
Vermittelte sie nämlich in ihren bisherigen Soli oftmals den Eindruck, sie bettle devot und ein wenig verkrampft um bestätigendes Gelächter, wirkt sie in „Auszeit“ geradezu cool. Unaufdringlich, unprätentiös und mit spielfreudiger Selbstsicherheit präsentiert sie ihre Geschichte und schlüpft – gewohnt vielseitig verwandlungsfähig – von einer Rolle in die nächste. „Auszeit“ erhebt keinen Moment lang den Anspruch, innovativ oder gar epochal zu sein. Es ist rund, solide und gut abgestimmt – und wird Andrea Händlers erfolgreichstes Programm werden.
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