Otto Grünmandl, 1924 – 2000
Der Standard 03/2000
Im 76. Lebensjahr starb am vergangenen Donnerstag in seiner Heimatgemeinde Hall in Tirol der Autor, Schauspieler und spätberufene Pionier des österreichischen Kabaretts Otto Grünmandl.
Nach seinem Studium der Elektrotechnik in Graz war er zuerst als Textilkaufmann tätig, bevor er sich Mitte der 60’er als freier Schriftsteller ganz der Kunst zuwandte. Vor allem seine Hörspiele – für ”Rochade” wurde er 1970 mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet – führten ihn in das ORF-Landesstudio Tirol, wo er von 1972 bis 1981 die Unterhaltungsabteilung leitete. In dieser Zeit entstanden seine ersten Kabarett-Programme : Am bekanntesten wurden – dank der Ausstrahlung auf Ö3 – seine zusammen mit Theo Peer erarbeiteten, legendären ”Alpenländischen Interviews” und ”Alpenländischen Erfindungen”, in denen er die ernste Form des klassischen Radio-Interviews mit seinen merkwürdigen Einfällen und absurden Gedanken – über beim Bergsteigen abgestürzte Kanarienvögel, Felszacken-Schleif- und Zuspitz-Maschinen und Tischtuchverbrennungsanlagen – zu erstaunlichen Grotesken verschmolz. Mit dem für den ”Steirischen Herbst” verfassten Programm ”Der Einmann-Stammtisch” – ein typisch Grünmandl’sches Paradoxon – wurde er 1976 Österreichs erster moderner Solo-Kabarettist.
Zwei Jahre später bekam er für seinen raffinierten szenischen Monolog „Ich heiße nicht Oblomow“ den ”Deutschen Kleinkunstpreis”. Es folgten u.a. die Programme „Ich bin ein wilder Papagei“ (1981), ”Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus” (1987), ”Ich bin der Kaiser Nero” (1989”), ”Der Kreisverkehr” (1992, ”Deutscher Kleinkunst-Ehrenpreis”) und zuletzt ”The Mountain Singers” (1997). Mit jedem seiner Programme arbeitete er sich konsequent und unbeirrbar ein deutliches Stück weiter – auf seinem eigentümlichen und entsprechend eigenständigen Weg, weitab kleinkünstlerischer Konventionen und breit angelegter kabarettistischer Klettersteige für den humoristischen Massentourismus.
In den 90‘ern spielte er auch in mehreren Produktionen der “Münchner Kammerspiele”, oft an der Seite von Gerhard Polt. Unvergessen bleibt der immer bescheidene und oft sehr nachdenkliche, große Kleinkünstler aber vor allem für seinen Sinn für gehobenen und philosophischen Nonsense : Über ein Vierteljahrhundert, bevor der Trash-Humor florieren sollte, hatte Otto Grünmandl bereits einen Kabarett-Stil entwickelt, der auf der nach oben offenen Schrägheitsskala sicher noch lange als Extremwert für erstaunliche Exzentrizität gelten wird.
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