Exzeptionelle Eskapaden
Der Standard 11/1997
Mit den Mountains ist Grünmandl seit jeher vertraut. Mit den dazugehörigen Singers, den volkstümlichen nämlich, kann er zumeist nicht viel anfangen. Aber er widmet ihnen – und ganz besonders einem derartigen Trio – ein ganzes Kabarett-Programm. Und das ist sehr schön. Ganz abgesehen davon, dass es schon prinzipiell schwer in Ordnung ist, wenn sich ein 73-jähriger Tiroler auf einer Wiener Kleinkunstbühne als der mit Abstand durchgeknallteste Opa Österreichs outet. Wobei seine mittlerweile ansatzweise Gebrechlichkeit dem Kontrast noch Vorschub leistet: Da grimassiert, quietscht, tanzt und torkelt einer über die Bühne, der bereits vor einem Vierteljahrhundert kabarettistisch Derartiges schuf, dass es auf der nach oben offenen Schrägheitsskala noch heute als Extremwert für Exzentrizität angenommen werden kann. Mit seinen „Mountain Singers“ arbeitet er sich abermals konsequent und unbeirrbar ein deutliches Stück weiter – auf seinem eigentümlichen und entsprechend eigenständigen Weg, weitab kleinkünstlerischer Konventionen oder breit angelegter kabarettistischer Klettersteige für den humoristischen Massentourismus.
Zusammen mit seinen beiden livrierten und zu jedem Blödsinn bereiten – also entsprechend kongenialen – Musikern und Mit-Akteuren Siggi Haider & Hannes Sprenger („Akkosax“), die zwischendrin auch einmal eine Runde Schnapsen dürfen, entfaltet er die „extraordinäre“ Geschichte der Ervolksmusik anhand einer vormals kleinen Kohle-Kumpel-Combo, der das Glück zuteil wurde, bei Präsidentschaftswahlkämpfen in Amerika ebenso aufspielen zu dürfen, wie bei Skiweltmeisterschaften oder Frankfurter Buchmessen: jubelnde Massen von Moskau bis Kapstadt – wie es uns der Musikantenstadl vorexerziert. Dazwischen erzählt Grünmandl Poetisches über Seifenblasen, relativiert die Ewigkeit, sinniert über den Euro und den Tod, gießt sich Sekt in ein Bierglas und verlacht, während er es überschäumend leert, die im Hintergrund intonierte „Internationale“. Und er singt – mit einem brüchigen Brustton, der Mark, Bein, Herz und Niere zu treffen im Stande ist. Je nachdem, ob man – abseits aller Qualitätskontrollen – mit der verschrobenen Individualität des Haller Humoristen etwas anzufangen weiß.
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