Schuld und Bühne: Zukunftsvisionen des Erfinders des besten Witzes der Welt.
Falter 11/2019
Weit mehr als einer entstellend großen Portion karikierender Schauspielkunst bedarf der gewiefte Kabarettist, Satiriker und Autor Severin Groebner für die Charakterzeichnung des Protagonisten seines neuen Solos „Gut möglich“ großzügiger Selbstironie, um sich überzeugend in jenen egozentrischen Kleinkünstler zu verwandeln, dem es eigentlich schon vor 23 Jahren hätte vergönnt sein müssen, sich als unsterbliche Legende zu Jimi, Janis, Amy und Kurt in den „Club 27“ zu verfügen. Er war halt ungerechterweise nicht weltberühmt genug. Inzwischen ist er immerhin 50. Und auch die Zukunft nimmt er – gemäß dem Untertitel „Wo sehen Sie mich in den nächsten 50 Jahren?“ – in erster Linie persönlich. Unverrückbar steht er im Mittelpunkt jedes pointiert oder plakativ ausgemalten Szenarios und spiegelt sich selbstgefällig im Lauf der Dinge. Das verantwortungslose und nur selten von Einsicht angekränkelte Wesen seiner Bühnenfigur ist zugleich Ursache und Symptom vieler Übel, die uns möglicherweise bevorstehen: die Klimakatastrophe, ein Killervirus, die künstliche Intelligenz oder die Machtübernahme der faschistischen Nationalkleptokraten. „Opa, was hast du dagegen getan?“, fragen ihn seine Enkel ein ums andere Mal. Doch der mit dem besten Witz der Welt steinreich gewordene Greis ist längst in seine virtual reality geflüchtet. Groebners fantasievoll aus Gegenwärtigem gesponnene Dystopien funkeln mit viel bösem, skurrilem Witz humoristisch hauptsächlich in unterschiedlichen Schattierungen von Schwarz.
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