Furios und völlig flunkerfrei
Another one bites the dust + Zwickt’s mi = Eich Dodln gib i Gas
kabarett.at 10/2006
Das hatte ja wohl so kommen müssen. Im Sommer 1982 macht sich der noch junge Fredi irgendwo in der oberösterreichischen Einschicht per Fahrrad auf den weiten Weg zum nächsten Hartlauer, um dort seinen mühsam zusammengesparten Ministrantenlohn gegen die neue Peter-Cornelius-LP einzutauschen. Aus Neugierde lässt er sich auch die frisch erschienene Platte „Hot Space“ der ihm weitgehend unbekannten britischen Band „Queen“ vorspielen. Doch plötzlich: eine ungeschickte Handbewegung und der Tonabnehmer kratzt quer über die B-Seite. Der Verkäufer ist unbarmherzig – und so wird der Cornelius-Fan an diesem Tag unfreiwillig zum Besitzer seiner ersten Queen-LP. Da stellte des Leb’n seine Weichen …
So weit ein frühes Kapitel aus der Legende des „Austrofred“, der sich und seine neu erschienene Autobiographie „Alpenkönig und Menschenfreund“ diese Woche im „Rabenhof“ mittels einer aufwändigen „Austrofred-Gala“ feiern ließ. Für Unkundige : „Austrofred“ ist die österreichische Reinkarnation von Freddie Mercury. Sein Schmäh: Den Melodien von „Queen“-Hits zwingt er die Texte von Austropop-Klassikern auf und interpretiert sie in posentreuer und inbrünstiger Mercury-Manier. Das hochamüsante Ergebnis liegt im zugkräftigen Segment zwischen Glam-Rock, „Wickie, Slime + Piper“, Trash-Komik und konsequent betriebenem Nonsens.
Indem er jegliches selbstironische Augenzwinkern vermeidet, sondern sich viel mehr in seiner ganzen Selbstherrlichkeit vom Publikum hochleben lässt, erfüllt er die Sehnsucht nach einem Anzuhimmelnden aus den eigenen Reihen. Der „Austrofred“ macht uns den Star – und er macht seine Fans zu Stars. Willkommen in der Gemeinschaft der Erleuchteten, die wahre Helden mit Haut und Haar und aufgeklebtem Schnauzer von den medial vorgefertigten Promi-Pappkameraden zu unterscheiden wissen.
Privat, so heißt es, sei Franz Adrian Wenzl ein eher schüchterner Typ. Als „Austrofred“ lässt er gehörig die Sau raus. Neben ihrer vermutlich auch psychotherapeutischen Funktion hat diese sorgfältig durchgestylte Kunstfigur inzwischen auch andere Aufgaben als „nur“ die eines Rockstars. Unter anderem moderiert sie TV-Talkshows und erfindet Autobiographien. Allein von dem, was er im Rahmen seiner Gala aus „Alpenkönig und Menschenfreund“ vorgelesen hat, lässt sich schließen, dass es sich dabei um ein höchst unterhaltsames Heldensage handelt, in der sich die Stimmung in diesem Land – und auch seine politische Entwicklung in den letzten 30 Jahren – auf sehr persönliche, oft pointierte Weise widerspiegelt.
Großartig auch, mit welcher stoischer Gelassenheit und stolzer Würde der angemessen befrackte Thomas Rabitsch am Bösendorfer den Auftritt des entfesselten Austrofred begleitet. Und sich auch dessen spöttische Zwischenbemerkungen über seine „Starmania“- und „Dancing Stars“-Mitwirkung gefallen lässt. Bezugnahmen auf ein anderes biographisches Detail hatte er sich vorher allerdings verbeten: seine Tournee mit Stefanie Werger. Es kommt auch nicht zur Sprache. Austrofred weiß, was sich gehört. Stolz präsentiert er stattdessen im Verlauf der Show das Cover jenes seinerzeit unfreiwillig erstandenen „Hot Space“-Albums, das inzwischen die Autogramme von Brian May und John Deacon ziert ! Schriftzüge, die er eigenhändig gefälscht, wie er zu späterer Stunde freimütig gesteht. Alles andere ist aber ganz bestimmt ganz echt und ehrlich. (pb)
PS: Sicherheitshalber sei Austrofred noch um Verzeihung dafür gebeten, dass er seinen Namen auf einer dem Kabarett und der Kleinkunst gewidmeten Website wieder finden muss. Es ist die schiere Begeisterung, die uns dazu veranlasst hat, in seinem Fall eine rahmensprengende Ausnahme zu machen. Selbstverständlich sind wir uns der Tatsache bewusst, dass Austrofred in Wahrheit ein aufrechter und ernsthafter Rock-Star ist.
0 comments on Furios und völlig flunkerfrei